EU-Kommission bringt mehr Transparenz in die Verhandlungen
Nach massiver Kritik der Öffentlichkeit und des EU-Parlaments bringt die EU-Kommission mehr Transparenz in die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Seit gestern sind Factsheets („in plain language“) und die den Verhandlungsführern der Vereinigten Staaten übermittelten Positionspapiere bzw. Textvorschläge auf der Webseite der Handelskommission zugänglich. Nach einem kurzen Überblick über den Entwicklungsstand des Gesamtdokuments konzentriert sich der Beitrag auf den Abschnitt TTIP und nachhaltige Entwicklung.
Zu kontroversen Themen gibt es erst wenige konkrete Textvorschläge
Wer zur Zeit ein weitgehend ausgearbeitetes TTIP Dokument wie zum europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA erwartet, wird enttäuscht – oder erfreut sein. Gerade zu den in letzter Zeit kontrovers diskutierten Themen wie dem Investorenschutz vor Schiedsgerichten (Investment Protection and Investor-State Dispute Settlement (ISDS)) oder dem Schutz regionaler Produkte (Intellectual Property (IP) and Geographical Indications (GIs)) liegen bislang erst Factsheets vor, die nicht wie Positionspapiere und Textvorschläge zu den Verhandlungstexten zählen. Das heißt: zu kontroversen Themen ist noch vieles im Fluss, die Diskussion läuft und kann die Textvorschläge noch beeinflussen. So sind von den momentan geplanten 24 Kapiteln des Gesamtdokuments mit den Schwerpunkten Market Access, Regulatory Cooperation und Rules bislang erst sechs Kapitel soweit ausgearbeitet, dass ein detaillierter EU Textvorschlag in die Abstimmung mit den Verhandlungspartnern gegeben wurde.
TTIP und nachhaltige Entwicklung – ein transparenter Prozess
Nach Auffassung der EU-Kommission soll das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung dem TTIP Abkommen in allen Bereichen zugrunde liegen. Darüber hinaus schlägt die EU-Kommission im Abschnitt Rules ein integriertes Kapitel TTIP und nachhaltige Entwicklung vor, das zentrale Aspekte der nachhaltigen Entwicklung im Kontext des transatlantischen Handels detaillierter behandelt. Dabei geht es im Kern um Fragen des Arbeitsrechts, Umweltrechts und Klimawandels sowie deren Verflechtung untereinander.
TTIP und nachhaltige Entwicklung – Stand der Entwicklung
Aktuell liegen zum Themenkomplex TTIP und nachhaltige Entwicklung zwei Factsheets und zwei Positionspapiere vor, die im Folgenden jeweils kurz beschrieben werden. Wie an den Beschreibungen zu sehen ist, liegt dem geplanten Kapitel ein Prozess zugrunde, der von der EU-Kommission gut vorbereitet und strukturiert ist. Die eingangs angesprochene Kritik an einer intransparenten Verhandlungsführung der Kommission scheint auch bei der Ausarbeitung des Kapitels TTIP und nachhaltige Entwicklung Wirkung zu zeigen.
Factsheets
A. Das Factsheet on Sustainable development informiert auf gut einer Seiten über die grundlegenden Ziele, die die EU an der Schnittstelle von nachhaltiger Entwicklung und Handel verfolgt und behandelt drei zentrale Einwände zu Arbeitsrecht, Klimaschutz und Konfliktlösungsmechanismen
B. Sustainable Development in TTIP – approach, issues, questions Diese Tischvorlage wurde auf einem Roundtable am 12. November 2014 mit Vertretern von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ebenso diskutiert wie das Dokument D (s.u.). Themenschwerpunkte sind arbeitsrechtliche Fragen und Fragen zur Teilhabe der Zivilgesellschaft an TTIP.
EU Positionspapiere
C. Sustainable Development in TTIP – issues, provisions Das Positionspapier beschreibt im Detail die Elemente, die auf Grundlage des auf dem Roundtable diskutierten ersten Entwurfs und der Fragen, Einwände und Anregungen aus dem Roundtable aus EU-Sicht Kernbestandteile des TTIP Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung sein sollen. Es stellt ein mögliche Struktur für das Kapitel TTIP und nachhaltige Entwicklung dar, das Bestandteil des TTIP Gesamtdokuments im Abschnitt Rules wird.
I. Trade and Sustainable Development – overarching principles
II. Trade and Sustainable Development – Labour aspects
- Multilateral labour standards and agreements
- Freedom of association and right to collective bargaining
- Forced or compulsory labour
- Child labour
- Non-discrimination in respect of employment and occupation
- Cooperation
III. Trade and Sustainable Development – Environmental aspects
- Multilateral environmental governance
- Climate change and green goods and services
- Protection, sustainable management and use of biological diversity and natural resources
- Trade in endangered species of wild fauna and flora
- Sustainable management of forests and trade in forest products
- Trade and sustainable management of fisheries and aquaculture products
- Cooperation
- Waste and Chemicals
D. Sustainable Development in TTIP Das ist das ursprüngliche EU-Positionspapier, das den übergreifenden Anspruch der EU an die Themenfelder Handel und nachhaltige Entwicklung und die Zusammenhänge der Themenfelder darstellt.
Die EU-Kommission führt unter Leitung der Handelskommissarin Cecilia Malmström die Verhandlungen in Brüssel und Washington. Für Februar 2015 ist die nächste TTIP-Runde vorgesehen. Weitere Dokumente sollen im Verlauf des Verhandlungsprozesses veröffentlicht werden. Der Gesamttext wird nach Ende der Verhandlung aber deutlich vor Zeichnung und Ratifikation des Abkommens veröffentlicht.
Entscheidend sind ja leider nicht die Wünsche in Positionspapieren sondern was am Ende im Abkommen geregelt ist. Da stellt sich dann auch noch die Frage inwieweit eine nationale Regierung sich der Ratifizierung entziehen kann bzw. ob diese Option überhaupt vorgesehen ist.
Ich denke, dass die Investitionsschutzklausel aufgrund des massiven und eindeutigen Widerstands aus der Zivilgesellschaft nicht Bestand haben wird. Zur Ratifizierung: „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten TTIP ratifizieren müssen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass es sich bei TTIP um ein so genanntes Gemischtes Abkommen handeln wird, bei dem die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind. Es würde deshalb sowohl einer Ratifizierung auf europäischer Ebene als auch durch die Mitgliedstaaten bedürfen. Im Fall eines Gemischten Abkommens geht die Verabschiedung mit einem Verfahren der Ratifizierung des Abkommens durch die Mitgliedstaaten einher. Hier greifen die jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften. In Deutschland müssten dann Bundestag und Bundesrat zustimmen (Art. 59 des Grundgesetzes).
In jedem Fall muss das Europäische Parlament dem Vertrag zustimmen. Auf europäischer Ebene erlässt der Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einen Beschluss über die eigentliche Verabschiedung des Abkommens, mit dem es als ratifiziert gilt“ (BMWi http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ttip/faqs,did=630990.html).