Immer mehr Unternehmen erwähnen in ihrer Berichterstattung die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). So beziehen sich fast drei von vier Unternehmen (72%) in ihren Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsberichten auf die globale Transformationsagenda – eine Steigerung um 10% seit letztem Jahr. Was auf den ersten Blick wie eine Erfolgsgeschichte aussieht, deutet stattdessen eher auf Business as usual als auf Transformation in den Unternehmen. Die aktuelle PWC Publikation SDG Reporting Challenge 2018 kommt zu dem Schluss, dass konkrete Maßnahmen für das Handeln und die strategische Integration der SDGs für die Mehrheit der Unternehmen nach wie vor nur „schwer fassbar“ sind.

Wenige konkrete Ziele, noch weniger KPIs

Unternehmen und SDGs. Business as usual statt Transformation.

PWC UK 2018, 5

Für den Bericht hat PWC die im Fiskaljahr 2017 veröffentlichten Informationen von 729 Unternehmen aus 21 Gebieten in sechs großen Branchen analysiert. Nur die Hälfte (50%) der Unternehmen gibt an, „prioritäre“ SDGs identifiziert zu haben, also Ziele, die das Unternehmen wirksam und mit positiver Auswirkungen beeinflussen kann.

  • Gerade einmal 27% dieser Unternehmen erwähnen die SDGs als Teil ihrer Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsstrategie.
  • Ebenso berichten lediglich 28% zu aussagekräftigen Key Performance Indicators (KPIs) im Zusammenhang mit den SDGs.

 

Fehlende strategische Einbindung, geringes Commitment

Unternehmen und SDGs. Business as usual statt Transformation.

PWC UK 2018, 5. Skala von 1 – 5 (bestmöglicher Score).

Die Autoren der Studie werten das als Hinweis, dass die Auswahl der prioritären SDGs nicht durch sinnvolle Maßnahmen oder strukturiertes Controlling unterstützt wird (PWC UK 2018, 7). Angesichts der schwachen Einbindung der SDGs in die strategische Unternehmenssteuerung wundert es dann auch nicht, dass lediglich 19% der CEOs in ihren Berichtsstatements auf die 17 UN-Ziele eingehen.

Das alles führt dazu, dass PWC die durchschnittliche Qualität der Geschäts-, Nachhaltigkeits- oder Integrierten Reports mit prioritären SDGs mit gerade einmal 2,71 bewertet (PWC UK 2018, 22f). Die Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (2,29) führt PWC daraufzurück, dass die Unternehmen mehr Zeit hatten, sich mit den SDGs zu befassen und dass das Sample sich aus den größten Unternehmen der verschiedenen Börsenindizes zusammensetzte.

Viele Worte, wenig Taten

Die Mehrheit der Unternehmen scheint gerne über die SDGs zu sprechen. Zugleich herrscht eine offenkundige Unklarheit darüber, wie die Ziele in Strategien und Aktionen eingebettet werden können. Angesicht des geschätzten Potenzials von 12 Billionen US-Dollar an Unternehmenseinsparungen und Einnahmen bei erfolgreicher Umsetzung der SDGs bis 2030 (BSDC 2017, 13f) ein zunächst unverständliches Versäumnis. Die Autoren der PWD Studie erklären das so:

“We believe that, while there is a clear appetite for embracing the SDGs, many organisations still lack the strategy, tools and culture needed to transform those commitments into tangible business actions. That has a knock-on effect in terms of measuring and reporting on their progress in meeting the Goals. As a result they are unable to demonstrate to investors, peers and their own employees how and why the SDGs are helping improve their overall business, both now and sustaining it for the long term” (PWC UK 2018, S. 7).

Business as usual statt Transformation

Wie können CEOs nun dazu kommen, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wirksam umzusetzen? Dazu gibt die Studie zunächst vier Empfehlungen (PWC UK 2018, 28):

  • Jeder Teil der Organisation hat eine Rolle zu spielen – SDGs sind nicht nur ein CSR-Thema.
  • Führung ist entscheidend – CEOs und Führungskräfte müssen ein aktives Interesse daran haben, den Fortschritt voranzutreiben.
  • Festlegen aussagekräftiger KPIs, mit denen Maßnahmen vorangetrieben werden können. Über die erzielten Fortschritte berichten (weiterführend dazu PWC UK 2018, 33f)
  • Ein gleich hohes Qualitätsniveau der Berichterstattung über finanzielle und nichtfinanzielle Informationen anstreben.

Damit sind sicherlich notwendige, aber nicht hinreichende Schritte beschrieben. Ein Blick auf die drei von den Unternehmen am häufigsten priorisierten SDGs gibt dann aber den Blick auf die eigentlichen Hürden und einen ersten Lösungsansatz für Unternehmen frei:

“The most popular priorities remain unchanged from last year’s research, with the majority of organisations still focused on three main SDGs – Decent Work and Economic Growth (SDG8), Climate Action (SDG13) and Responsible Consumption and Production (SDG12) […]. We believe that the reasons for prioritising these three goals are varied but contributing factors could include the fact that, if you haven’t taken the time to explore the SDGs in great depth these three might appear the obvious ones where business has a role to play. In short, it’s what should be business as usual” (PWC UK, 2018, S. 12).

How to explore the SDGs in great depth – ein Vorschlag

Wenn Unternehmen sich mit den drei SDGs näher auseinandersetzen, werden sie schnell auf Synergien und Konflikte bei der Umsetzung treffen. Bereits die Alltagserfahrung zeigt, dass die einzelnen Zielbereiche „Menschenwürdige Arbeit“, „Wirtschaftswachstum“, „Klimaschutz“, „Konsum“, „Produktion“, „Nachhaltigkeit“ nicht spannungsfrei auf einen Nenner zu bringen sind. Um diese Dilemmata genauer zu erkennen und Lösungsansätze zu finden, hilft es, sich mit dem “Guide to SDG Interactions: from Science to Implementation“ des International Council for Science (ISC 2017) auseinanderzusetzen. Der Bericht analysiert Synergien und Konflikte der vier SDG Nahrungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft (Ziel 2), Gesundheit und Wohlbefinden (Ziel 3), bezahlbare und nachhaltige Energie (Ziel 7) sowie Meeresschutz (Ziel 14) mit weiteren SDGs. Dabei stößt das Wissenschaftlerteam auf 316 sogenannte target-level interactions, von denen 238 positiv, 66 negativ und 12 neutral bewertet werden. Auch wenn der Leitfaden andere Prioritäten untersucht, stellt er einen fundierten Rahmen bereit, die Herangehensweise von Unternehmen an ihre prioritäten SDGs umfassend zu durchdenken.

Deutsche Unternehmen wählen übrigens exakt die gleichen drei Prioritäten bei ihrer Berichterstattung zu den SDGs wie die von PWC untersuchten Unternehmen. „Während der Großteil der analysierten DAX30-Unternehmen bereits unternehmensspezifische SDGs berücksichtigen, erfolgt dies im SDAX nur bei knapp einem Fünftel. Maßnahmen zum Klimaschutz (81%) sowie menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum (78%) stehen dabei für die große Mehrzahl der Unternehmen im Vordergrund. Auch die Nachhaltigkeit von Konsum und Produktion (69%) hat für mehr als zwei Drittel der Unternehmen einen hohen Stellenwert“ (KoR Redaktion, 2018, S. 492).

Literatur

BSDC Business & Sustainable Development Commission (2017), Better Business. Better World. http://report.businesscommission.org/uploads/BetterBiz-BetterWorld_170215_012417.pdf

ICS International Council for Science (2017), A Guide to SDG Interactions: From Science to Implementation. https://council.science/cms/2017/05/SDGs-Guide-to-Interactions.pdf

KoR Redaktion (2018), Börsennotierte Unternehmen setzen bei Nachhaltigkeitsberichten auf GRI-Standards. KoR IFRS Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 18(10), S. 492

PWC UK (2018), SDG Reporting Challenge 2018: From promise to reality: Does business really care about the SDGs? https://www.pwc.com/gx/en/sustainability/SDG/sdg-reporting-2018.pdf

UN (2015). Transforming our World: The 2030 Agenda for Sustainable Development. https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/21252030%20Agenda%20for%20Sustainable%20Development%20web.pdf

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