Wie kann symbolisches Handeln noch besser zum Klimaschutz beitragen?

Gedenktage oder Aktionstage – eine Fülle mehr oder minder wichtiger Ereignisse und Anlässe ringt um unsere knappe Aufmerksamkeit. Skeptiker werden mutmaßen, die Inflation der „Tage des X“ sei schon so weit fortgeschritten, dass die begrenzte Gesamtmenge nicht mehr reicht und die Initiatoren sich daher auf Stunden als Maßstab des kollektiven Gedenkens beschränken. Am kommenden Samstag, dem 28. März 2015 ist es von 20.30 h bis 21.30 h wieder soweit: Dann schlägt die Earth Hour und weltweit werden mehr als 7000 Städte und Gemeinden auf die künstliche Beleuchtung meist ikonischer öffentlicher oder privater Gebäude und Bauwerke verzichten. Earth Hour: Licht aus, Kopf an? Wie kann symbolisches Handeln noch besser zum Klimaschutz beitragen?

Earth Hour als globaler Denkanstoß

Earth Hour 2015 - Denkanstoß für den Klimaschutz

(c) WWF. http://www.wwf.de/earth-hour-2015/

Der WWF startete 2007 die Earth Hour, um ein Zeichen für den Klimaschutz zu setzen. Die Aktion weitete sich schnell zu einem globalen Phänomen aus. 2009 beteiligten sich Bonn, Berlin und Hamburg als erste deutsche Städte, 2014 nahmen in Deutschland bereits 163 (weltweit 7.000) Städte an der Earth Hour teil. Das klimaverträgliche Jahresbudget an CO2-Emissionen liegt unter den vom 2-Grad-Ziel beschriebenen Rahmenbedingungen bei rund 2,3 t pro Person und Jahr. In Deutschland betragen die Durchschnittsemissionen bei rund 11 t pro Person und Jahr. Grund genug, immer wieder möglichst viele Organisationen und Menschen anzuregen, ihre Möglichkeiten zum Vermeiden, Vermindern und Kompensieren der von ihnen verursachten CO2-Emissionen neu zu bedenken und anschließend möglichst konsequent zu handeln.

Die Earth Hour motiviert nach Bekunden des WWF „weltweit Millionen Menschen dazu, umweltfreundlicher zu leben und zu handeln – weit über die sechzig Minuten hinaus“. Das ist eine sehr optimistische Sicht auf die Wirkung einer solchen Aktion. Realistischer erscheint die Annahme, dass die Earth Hour mit ihrer sichtbaren Verdunkelung eher als globaler Denkanstoß für viele Menschen funktioniert. Damit aus dem Denkanstoß auch wirkliche Handlungen resultieren, sollte die Schwelle von der Idee zur Wirklichkeit möglichst niedrig gehalten werden. Das versuchen die Initiatoren u.a. mit ihren Tipps für den Alltag oder den Tipps zum Klimaschutz.

Vermeiden, Vermindern und Kompensieren

Die Tipps setzen hauptsächlich auf die Optionen des Vermeidens und Verminderns, ziehen die Möglichkeit des Kompensierens aber nicht weiter in Betracht. Aus Perspektive einer NGO (aber auch der von Skeptikern) mag die Annahme richtig sein, dass Kompensation das Klimaproblem nicht löst, weil die faktischen CO2-Quellen nicht verändert werden. Diese Sichtweise ist auf die Tatsache fokussiert, dass Kompensieren nach der reinen Lehre des Vermeidens (z.B. Videokonferenz statt persönliches Treffen) und Verminderns (z.B. sparsamere Fahrzeuge oder Car-Sharing) nur die drittbeste Lösung ist. Diese Sichtweise blendet aber aus, dass Kompensation dann die einzige weitere lösungsorientierte Handlungsoption ist, die allen zur Verfügung steht, wenn die grundlegenderen Lösungen nicht umsetzbar sind bzw. noch nicht zu den erforderlichen Ergebnissen (2,3 t CO2 pro Person und Jahr) geführt haben.

Die Earth Hour kann als symbolische Handlung zu einem effektiven Klimaschutz beitragen, indem sie vielen Menschen einen globalen Denkanstoß gibt. Sie kann einen noch besseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn sie im nächsten Schritt (in diesem Fall Tipps zur Verhaltensänderung) auch alle Handlungsoptionen einschließlich der Komensation offenhält.

Hintergrund – Warum ich Kompensation für unumgänglich halte

Bei der Überprüfung meiner persönlichen CO2-Emissionen mit verschiedenen CO2-Rechnern (WWF; Stadt Heidelberg, BUND Jugend) habe ich herausgefunden, dass ich mit rund 7,9 t CO2 p.a. (inklusive meiner freiberuflich verursachten Emissionen) zwar unter dem Durchschnitt in Deutschland liege. Für eine weitere Reduzierung stehen mir als wesentliche Hebel die Optionen offen, völlig auf Reisen zu Kunden zu verzichten (Mobilität als mein weiterhin größter Emissionsverursacher) oder meine Konsumgewohnheiten (mein nächst größerer Emissionsblock) völlig umzustellen. Zu beidem bin ich nicht bereit und in der Lage. Wer in dieser Situation nicht tatenlos bleiben will, ist folglich auf die Möglichkeit der Kompensation angewiesen.

Funktioniert Kompensation überhaupt?

Earth Hour 2015 - Denkanstoß für den Klimaschutz

(c) atmosfair. www.atmosfair.de/was_macht_atmosfair

Hinter der Frage, ob Kompensation überhaupt funktioniert, steckt dann häufig der Vorwurf, es handele sich hierbei um eine moderne Form des mittelalterlichen Ablasshandels. Die Kompensationsbeiträge werden aber in erneuerbare Energieprojekte investiert, die sonst entstandene Emissionen vermeiden und gleichzeitig Menschen vor allem in Entwicklungsländern Zugang zu sauberer und ständig verfügbarer Energie ermöglichen. Wie Kompensation grundsätzlich funktioniert zeigt beispielsweise Atmosfair. Und wem man beim Kompensieren vertrauen kann, ist der Seite von The Gold Standard zu entnehmen.

Hier noch ein kurzer Nachtrag mit dem Link zur Earth Hour 2015 Bilanz des WWF.

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